Kurz und knapp: Eine Seelenrückholung beschreibt den Vorgang, bei dem ein Seelenanteil oder Seelensplitter wieder „nach Hause“ geholt und reintegriert wird.
Aha.
Ok, vielleicht doch etwas ausführlicher.
Seelensplitter und ihre Aufgabe
WAS? Unsere Seele kann sich aufteilen? Ja. Und das ist auch ganz gut so. In meinem Verständnis besteht die Seele ohnehin aus vielen Einzelteilen, aber das ist eine andere Geschichte.
Das hier gemeinte Loslösen passiert viel öfter als man denkt – und ist meist völlig harmlos. Bei jedem „Huch“, bei jedem kurzen Schreck kann (!) ein Teil der Seele kurz den Körper verlassen. In den meisten Fällen kehrt dieser Splitter auch bald von selbst wieder zurück. (Übrigens: Auch, wenn man wiederholt und massiv gegen seine eigene Natur handelt, kann sich ein Anteil zurückziehen, im schlimmsten Fall auch lösen.)
Anders sieht es bei großen emotionalen Ereignissen aus. Ereignissen und Emotionen, die so intensiv sind, dass man sie in diesem Moment vielleicht nicht aushalten kann oder will. Dann löst sich ein Teil der Seele, um sich zu schützen und versteckt sich in einer anderen Ebene. Dadurch wird auch das Erleben selbst vom Ganzen gelöst. Manchmal kann ein Mensch sich dann nicht oder nur bruchstückhaft erinnern.
Dann gibt es noch jene Seelenanteile, die in einem früheren Leben festhängen. Sie sind vor dem Tod nicht reintegriert worden und haben die Reise in dieses Leben daher nicht mitgemacht.
Der Vollständigkeit halber sei auch der Seelenraub erwähnt, also der Diebstahl von Seelenanteilen. Dieser ist heute jedoch der seltenste Grund für fehlende Seelensplitter.
Wann ist eine Seelenrückholung hilfreich oder notwendig
Leer, unvollständig, neben sich – das sind Beschreibungen, die ich von Menschen, denen Seelenanteile fehlen, oft höre. Das erfolglose Bemühen, ein inneres Loch zu füllen, führt oft zu Frust und zeigt sich in Symptomen wie Schlaflosigkeit, Stress ohne offensichtlichen Auslöser, Ratlosigkeit bis hin zu Verzweiflung und sogar Depressionen.
Ein nicht zu unterschätzender Hinweis sind auch scheinbar irrationale Ängste, für die es keinen bekannten Auslöser gibt. Da geht es dann meist um Rückführungen, also Reisen in frühere Leben.
Es muss aber nicht immer so dramatisch sein. Eine Seelenrückholung kann auch unterstützen, wenn eine Person mit sich und ihrer Situation grundsätzlich zufrieden, sogar glücklich ist – aber irgendwie ein leises Gefühl von „irgendetwas fehlt“ hat. Oft warten die zugehörigen Anteile dann schon sehnsüchtig auf die Einladung nach Hause – und ihre Heimkehr ist sozusagen das Tüpfelchen auf dem i.
„Veronika, das klingt alles irgendwie nach Persönlichkeitsabspaltung. Sollte so jemand nicht lieber zur Psychotherapie?“ Bei psychologischer Indikation auf jeden Fall. Das schließt Seelenarbeit jedoch nicht aus. Eine fruchtbare Zusammenarbeit von Psychotherapie und Seelenarbeit könnte so vielen Menschen wirklich ganzheitlich und nachhaltig helfen. Ich bin unbedingt für interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Wer führt Seelenrückholungen durch?
Schamaninnen und Schamanen, schamanisch Praktizierende sowie Medizinfrauen und -männer. Die Seelenrückholung entstammt alter, zutiefst schamanischer Tradition.
Die ausführende Person beachtet dabei grundsätzlich das aktuelle Befinden des Menschen, den Zustand des Seelensplitters und die Hinweise und Botschaften ihrer helfenden Wesen. Es hat beispielsweise wenig Sinn, einen Anteil zurückzuholen, der vor Hilflosigkeit in Streitsituationen geflohen ist, wenn der Mensch noch nicht gelernt hat, mit solchen Situationen gesund umzugehen. Dann wird der Anteil sehr schnell wieder verschwinden. Also wird vor der Rückholung vorbereitende Mindset-, Verhaltens- und Seelenarbeit angebracht sein.
Die Seelenrückholung bereichert die Arbeit mit meinen Klientinnen und Klienten ungemein. Manchmal ist sie der letzte Puzzlestein eines längeren Prozesses. Manchmal markiert sie den Beginn.