Wann du dich um deine psychische Gesundheit kümmern solltest

Kurze Antwort: Immer. So klar, so einfach. Oder?

Tatsächlich denken wir im allgemeinen an Erkrankungen und Störungen, wenn Begriffe wie psychische, seelische, geistige, mentale Gesundheit fallen. Warum eigentlich? Ich vermute, weil es auch in medialen Berichten reißerischer klingt, wenn von Depressionen, Angststörungen,
Verhaltensstörungen, bipolare Störungen und Psychosen gesprochen wird. Diese Aufzählung stammt übrigens aus dem Fact Sheet zu Psychischer Gesundheit der WHO (pdf) – als Beispiele für psychische Störungen.

Dabei ist psychische Gesundheit, seelisches Wohlbefinden soviel mehr als die Abwesenheit von Erkrankung oder Störung.

Psychische Gesundheit ist ein Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann.

WHO Faktenblatt Psychische Gesundheit

Mental Health Awareness – Bewusstsein rund um geistige Gesundheit

Bemühungen, Bewusstsein rund um das Thema geistige Gesundheit zu schaffen, gibt es durchaus. Bereits seit 1949 begeht „Mental Health America“ (MHA) im Mai den Monat der geistigen Gesundheit. Der Fokus liegt in der Aufklärung über psychische Erkrankungen, die Lebensrealitäten betroffener Menschen und ihres Umfelds – und Möglichkeiten zur Hilfe und Selbsthilfe.

Seit 1992 findet am 10. Oktober der Welttag für psychische Gesundheit statt. Ebenfalls mit Fokus auf psychische Erkrankungen. „Er soll auf die psychische Gesundheit von Menschen aufmerksam machen, Informationen über psychische Krankheiten zugänglich machen und die Solidarität mit psychisch Kranken und ihren Angehörigen ausdrücken.“

Irgendwo ist es ja verständlich. Wir Menschen kümmern uns in vielen Bereichen erst um etwas, wenns zwickt. Wenn also der Leidensdruck größer wird und die bisherigen Strategien nicht mehr greifen.

Lebensqualität durch seelische Gesundheit

Dabei sind unser seelisches Wohlbefinden und psychische Gesundheit eine grundlegende Voraussetzung für Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und die Interaktion mit unserer Umwelt und der Gemeinschaft. Sie bestimmen wesentlich, wie wir denken, fühlen und uns verhalten. Sie sind ein entscheidender Faktor wie wir mit Herausforderungen umgehen, wie wir Entscheidungen treffen, wie unsere Beziehungen zu anderen Menschen und unserem Umfeld aussehen. „Mental health“ bezeichnet nämlich nicht die Einschränkung oder Abwesenheit der Gesundheit – es ist wie die körperliche Gesundheit essentieller Bestandteil unseres Alltags.

Daher: Wann solltest du dich um deine geistige, seelische Gesundheit kümmern? Immer.

Wie? Genauso wie im Bereich der körperlichen Gesundheit gibt es unzählige Ansatzpunkte und Arten der Umsetzung.

Die WHO schreibt: „Psychische Gesundheit und Wohlbefinden werden nicht nur durch individuelle Merkmale beeinflusst, sondern auch durch die sozialen Umstände, in denen sich Menschen befinden, und die Umgebung, in der sie leben. Diese Determinanten interagieren dynamisch und können den psychischen Zustand einer Person bedrohen oder schützen.“

Das Leben selbstbestimmt gestalten – aber wie?

Die Umstände im Außen kann ein Mensch erst mit steigendem Alter wirklich mit beeinflussen. Hier sind natürlich immer auch „die Gesellschaft“ und Politik gefragt. Bei den individuellen und inneren Merkmalen haben wir schon mehr Möglichkeiten, selbstbestimmt zu gestalten.

Denken: Unsere Art zu denken und somit unsere Umwelt wahrnehmen ist nicht in Stein gemeißelt. Wir haben sie einerseits erlernt und uns andererseits durch Erfahrung angeeignet. Und das seit dem Zeitpunkt unserer Geburt. Und erlerntes kann … tada … umgelernt, angepasst, aktualisiert werden. Dazu haben wir diesen Supercomputer in unserem Kopf. So kannst du z.b. aus einer Kleinmach-Geschichte eine echte Power-Story machen.

Fühlen: Ebenso erlernt ist die Art, wie wir unsere eigenen Emotionen und Bedürfnisse wahrnehmen und wie wir dann damit umgehen. Nicht die Emotionen selbst wohlgemerkt. Die sind, wie sie sind. Die Interpretation jedoch, die Kommunikation nach außen und die Selbstfürsorge kann an die neuen persönlichen Ansprüche angepasst werden.

Handeln: Das am „leichtesten“ zu drehende Zahnrad ist das Verhalten. Neue Routinen können erlernt werden, neue Automatismen trainiert. Je mehr das Denken und der Umgang mit den zugehörigen Emotionen hier vorher oder begleitend mit an Bord geholt werden, desto einfacher wirds übrigens.

Für alle diese Bereiche, manche mögen auch von Körper, Geist und Seele sprechen, gibt es unzählige Ansätze von Mindset-Programmen bis Körperanwendungen. Selbstfürsorge, Selbstbewusstsein und Selbstliebe gehören natürlich ebenfalls dazu. Beispiele findest du auch bei meinen 6 besten Tipps zur Selbstermächtigung. Allen liegt meiner Meinung nach zugrunde, herauszufinden:

  • Wo stehe ich?
  • Wie funktioniere ich gerade? Und was brauche ich?
  • Wie und wer bin ich wirklich? Wonach sehne ich mich?

Psychische Erkrankungen gehören entsprechend behandelt

Ich möchte hier übrigens ausdrücklich darauf hinweisen, dass psychische Erkrankungen ärztlich abgeklärt gehören. Wer inmitten einer klinischen Depression steckt, aufgrund von Angst- und anderer Störungen in seinem Leben massiv eingeschränkt oder sogar bedroht ist, braucht einfach andere erste Schritte und Unterstützung!

Bei einem offenen Beinbruch ist ja auch nicht das Selbsthilfebuch oder der Physiotherapeut die erste Anlaufstelle.

Wenn du dir nicht sicher bist, welche Art von Unterstützung dir zum jetzigen Zeitpunkt am besten helfen könnte, wende dich an einen Vertrauensarzt, nutze kostenlose Beratungsstellen wie den psychosozialen Dienst (z.b. in Wien) oder nimm in Krisen und Notfällen entsprechende Helplines in Anspruch. Viele Stellen und Personen, die im psychosozialen Bereich tätig sind, bieten ebenfalls kostenlose Erstgespräche an.

Einen Überblick, wer im medizinischen und psychosozialen Bereich in Österreich eigentlich was macht, findest du außerdem z.b. hier. Im letzten Jahr hab ich auch ein paar Eckpunkte zur Orientierung für die Arbeit mit mir zusammengestellt. Selbstverständlich steh ich gern auch jederzeit für Fragen bereit. Am besten schickst du mir dazu eine E-Mail.

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